Histamin - Lebenswichtiger Botenstoff!
Histamin ist ein faszinierender und vielschichtiger Botenstoff in unserem Körper, der viele lebenswichtige Funktionen erfüllt. Oft wird es jedoch missverstanden und mit negativen Symptomen in Verbindung gebracht. In diesem Artikel tauchen wir tief in die Welt des Histamins ein, um seine Rolle, seinen Stoffwechsel und seine Auswirkungen auf unseren Körper besser zu verstehen.
Die Bildung von Histamin
Histamin wird aus der Aminosäure Histidin gebildet, die für den Menschen essentiell ist. Das bedeutet, dass wir Histidin über die Nahrung aufnehmen müssen, da unser Körper es nicht ausreichend selbst herstellen kann. Histidin spielt eine wichtige Rolle bei Wachstum und Gewebsreparatur und ist entscheidend für die Myelinscheide, die die Nerven schützt. Eine histidinfreie Ernährung führt langfristig zu Mangelerscheinungen, insbesondere bei Säuglingen.
Histidin ist in vielen Lebensmitteln enthalten, darunter Fleisch (Rind, Schwein, Lamm, Huhn), Fisch (Lachs, Thunfisch), Hartkäse, Milch, Bohnen, Sojabohnen, Linsen, Erdnüssen und Weizenkeimen. Diese Lebensmittel sind bekannt dafür, hohe Mengen an Histidin zu enthalten und sind oft bei Personen mit Histaminsymptomen problematisch.
Die Umwandlung von Histidin zu Histamin erfolgt in einem einzigen Schritt, bei dem Vitamin B6 als Cofaktor benötigt wird. Histamin kann somit schnell und jederzeit im Körper bereitgestellt werden.
Die Wirkungsweise - Die Rezeptoren
Histamin ist ein Gewebshormon und ein Nervenbotenstoff (Neurotransmitter), der in allen Organsystemen unseres Körpers vorkommt. Es hat eine breite Palette an Wirkungen, die je nach Rezeptor und Ort der Wirkung variieren.
Es gibt vier bekannte Histaminrezeptoren (H1, H2, H3, H4), die jeweils unterschiedliche Wirkungen im Körper auslösen:
H1-Rezeptoren - Diese Rezeptoren finden sich an Darmzellen, Bronchien, Blutgefäßen, Nebennieren, weißen Blutkörperchen, Eierstöcken, der Gebärmutter sowie im peripheren und zentralen Nervensystem. Symptome wie allergische Reaktionen, Asthma, Juckreiz, Hautausschläge, Migräne und Menstruationsbeschwerden sind oft mit der Wirkung von Histamin an H1-Rezeptoren verbunden.
H2-Rezeptoren - Sie befinden sich an der Magenschleimhaut, Skelettmuskeln, dem Herzmuskel und Immunzellen. Diese Rezeptoren sind hauptsächlich für die Regulierung der Magensäureproduktion verantwortlich, was erklärt, warum Antihistaminika der H2-Gruppe bei Magengeschwüren eingesetzt werden.
H3-Rezeptoren - Diese Rezeptoren sind im gesamten Nervensystem (zentral und peripher) vorhanden und beeinflussen die Freisetzung anderer Neurotransmitter. Sie spielen eine Rolle bei Schlaf-Wach-Zyklen, Appetitregulation und kognitiven Funktionen.
H4-Rezeptoren - Diese Rezeptoren befinden sich hauptsächlich an Immunzellen und in der Haut. Sie sind an Entzündungsprozessen beteiligt und können eine erhöhte Entzündungsbereitschaft der Haut verursachen.
Die Vielfalt der Histaminrezeptoren erklärt die breite Palette an Symptomen, die mit Histaminüberschuss verbunden sein können.
Histamin und das Immunsystem
Histamin ist ein zentraler Botenstoff im Immunsystem und spielt eine Schlüsselrolle bei Entzündungs- und Immunreaktionen. Es wird von Immunzellen wie Mastzellen und Basophilen freigesetzt, wenn das Immunsystem aktiviert wird. Bei einer allergischen Reaktion zum Beispiel setzt der Körper große Mengen Histamin frei, was zu Symptomen wie Juckreiz, Schwellung und Rötung führt.
Histamin ist auch an der Wundheilung beteiligt. Wenn du dich kratzt, die Haut etwas anschwillt und rot wird, meldet Histamin dem Immunsystem, dass es etwas zu reparieren gibt. Diese schnelle Reaktionsfähigkeit macht Histamin zu einem lebenswichtigen Botenstoff in unserem Körper.
Quellen des Histamins im Körper
Zellen des Immunsystems - Mastzellen und Basophile, die zur ersten Abwehrlinie des Immunsystems gehören, produzieren und speichern Histamin. Bei Bedarf wird es schnell freigesetzt.
Zellen der obersten Hautschicht (Epidermis)
Zellen der Magenschleimhaut
Spezielle Nervenzellen im Gehirn - Histamin wirkt hier als Neurotransmitter und ist an der Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus, der Appetitkontrolle und kognitiven Funktionen beteiligt.
Darmbakterien - Bestimmte Bakterien im Darm, die sogenannten Histaminbildner, produzieren Histamin als Teil ihres Stoffwechsels. Diese Bakterien sind Teil des Mikrobioms und können bei Überwucherung zu einem Überschuss an Histamin beitragen.
Wir nehmen Histamin auch über die Nahrung auf. Viele Lebensmittel enthalten Histamin oder können die Freisetzung von Histamin im Körper fördern. Dazu gehören fermentierte Lebensmittel wie Käse und Sauerkraut, sowie Alkohol, insbesondere Rotwein uva.
Histaminintoleranz versus Histaminose
Der Begriff „Histaminintoleranz“ ist weit verbreitet, aber eigentlich irreführend. Eine genauere Bezeichnung für Probleme mit zu viel Histamin im Körper ist „Histaminose“. Die Endung „-ose“ steht in der Medizin immer für einen Zustand des Übermaßes. Bei der Histaminose handelt es sich um ein Ungleichgewicht zwischen der Produktion und dem Abbau von Histamin, was zu einem Überschuss führt und die entsprechenden Symptome dann auslösen kann.
Die Abbauwege des Histamins
Der Körper hat mehrere Mechanismen, um überschüssiges Histamin abzubauen und so das Gleichgewicht zu wahren. Die beiden Hauptabbauwege sind die Enzyme Diaminoxidase (DAO) und Histamin-N-Methyltransferase (HNMT).
Die DAO baut Histamin ab, das über die Nahrung aufgenommen wird. Ein Mangel an DAO kann zu einem Anstieg des Histaminspiegels und den damit verbundenen Symptomen führen.
Die HNMT ist vor allem im zentralen Nervensystem und in der Leber aktiv. HNMT baut Histamin ab, das innerhalb der Zellen gebildet wird.
Vitamin B6, Zink und Mangan und Kupfer sind wichtige Cofaktoren für diese Enzyme.
Einfluss von Nahrung und Medikamenten auf Histamin
Einige Lebensmittel und Medikamente können die Aktivität der Histamin abbauenden Enzyme beeinträchtigen und so zu einem Histaminüberschuss beitragen.
Zu den Lebensmitteln, die die DAO-Aktivität hemmen können, gehören:
Soja
Schwarzer Tee, grüner Tee, Matetee, Brennesseltee, Kakao, Kaffee
Bestimmte alkoholische Getränke (insbesondere Rotwein)
Energydrinks
Zusatzstoffe ( Glutamat, Benzoate, Sulfite, Nitrite, Farbstoffe)
Auch bestimmte Medikamente können die DAO-Aktivität hemmen, darunter:
Muskelrelaxantien
Schmerzmittel (NSARs, Paracetamol)
Blutdruckmedikamente
Antibiotika
Zytostatika
manche Antidepressiva
manche Immunsuppressiva
Röntgenkontrastmittel
Sind Frauen häufiger betroffen?
Etwa 80 Prozent der von Histaminose Betroffenen sind Frauen im mittleren Alter. Histamin wird in der Gebärmutter und den Eierstöcken produziert, was eine spezifische weibliche Form der Intoleranz verursachen kann. Symptome wie schmerzhafte Menstruationsblutungen, Krämpfe und zyklusabhängige Kopfschmerzen können auf eine Histaminintoleranz hinweisen, besonders wenn sie in der prämenstruellen Phase zunehmen.
Einerseits gibt es Zusammenhänge mit Östrogen - dazu mehr in einem folgenden Beitrag.
Andererseits können hormonelle Verhütungsmittel einen Mangel an wichtigen Mikronährstoffen verursachen, die für die Funktionen der Enzyme notwendig sind. Ein Mangel an Vitamin B6, Zink, Mangan und Kupfer kann die Symptome verschlimmern.
Die Diagnostik
Die Diagnose einer Histaminose erfolgt häufig über Laboranalysen, bei denen die Aktivität der DAO im Blutserum und die Konzentration von Histamin im Urin gemessen werden. Auch die Bestimmung der Cofaktoren Vitamin B6, Zink und Mangan im Vollblut ist wichtig, um ein zuverlässiges und vollständiges Bild zu erhalten.
Ist eine Diät notwendig?
Eine histaminarme Diät kann helfen, die Symptome zu lindern, löst aber dauerhaft das Problem nicht. Es ist wichtig, die zugrunde liegenden Ursachen zu identifizieren und anzugehen, wie z.B. einen DAO-Mangel, eine eingeschränkte Methylierung (NHMT) oder Cofaktoren etc.
Zusammenfassung
Histamin ist ein lebenswichtiger Botenstoff mit vielfältigen Funktionen im Körper. Es wird aus der essentiellen Aminosäure Histidin gebildet und wirkt über verschiedene Rezeptoren auf viele Organsysteme. Ein Ungleichgewicht zwischen der Produktion und dem Abbau von Histamin kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, die als Histaminose bezeichnet werden. Der Körper hat mehrere Mechanismen, um überschüssiges Histamin abzubauen, aber bestimmte Lebensmittel und Medikamente können diese Prozesse beeinträchtigen.
In den folgenden Artikeln werden wir uns detailliert mit den Abbauwegen des Histamins beschäftigen und herausfinden, wie wir das Gleichgewicht wiederherstellen können.
Bleib also dran und entdecke, wie du deine Histamingeschichte besser verstehen und regulieren kannst.
Bis bald!
Sylvie ;-)